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DAS ENTSTEHEN EINER NEUEN ÖKONOMIE

Das Entstehen einer neuen Ökonomie durch Investitionen in ökonomische,- soziale- und ökologische revolutionäre Innovationen. Diese Innovationen und Ideen sind rational und umsetzbar, bedürfen aber eine grundlegende Veränderung der Haltung aller Beteiligten, siehe dazu auch das Kapitel 6.3 Das Entstehen eines neuen Bewusstseins. Der zeitliche Zielhorizont zur Umsetzung der Ziele hängt von vielen Faktoren ab, wie den vorhandenen Unternehmensstrukturen, den individuellen, ökonomischen Möglichkeiten oder der Größe und Flexibilität des Unternehmens ab, ist aber eher in den Bereich der kurz- bis mittelfristig umsetzbaren Ziele einzuordnen. Im Folgenden sind die wichtigsten Ziele, die auch teilweise in der Arbeit angesprochen worden sind nochmals zusammengefasst.

ZIEL 1: AUSSCHLUSS VON SOZIALKOSTEN

Das Ziel die vollständige Internalisierung der sozialen- und ökologischen Kosten durch den Verursacher (Unternehmer oder Konsument), die durch das Produkt oder die Dienstleistung entstehen sowie die Übernahme der Mitverantwortung zur Reduzierung des schon entstandenen virtuellen Schuldenbergs unbezahlter Sozialkosten.

Als Positivbeispiele gelten einige der großen Automobilkonzerne, die in den Bereich der erneuerbaren Energien investieren, mit dem Ziel in Zukunft die Produktion und den späteren Betrieb der Fahrzeuge vollständig durch „Grünen Strom“ zu ermöglichen. Die höheren Kosten gehen auf den Verursacher über und werden damit internalisiert. Durch einen höheren Verkaufspreis oder durch geringere Gewinnmargen des Fahrzeuges tragen Unternehmen und die Konsumenten die Kosten. Dem produzierenden Unternehmen als Stromanbieter werden damit neue Geschäftsfelder erschlossen, die zugleich der Elektromobilität den nachhaltigen Betrieb der Fahrzeuge sicherstellt. Durch die jahrzehntelange Externalisierung von Sozialkosten ist ein virtueller Schuldenberg entstanden. Als Ausgleich beteiligen sich Automobilkonzerne finanziell an Umweltschutzprogrammen zur Schadensbegrenzung der durch Kraftfahrzeuge entstandenen Umweltkosten. Damit wird versucht den entstandenen virtuellen Schuldenberg abzubauen. Dies ist am Beispiel Klimawandel umstritten, weil die schon entstandenen und prognostizierten zukünftigen Schäden teils irreversibel sind

Ziel 2: Ethisches Beschaffungs- und Finanzmanagement

Das Ziel ein ethisches Beschaffungsmanagement aufzubauen ist eng verknüpft mit dem Ziel enge Kooperationen mit Lieferanten einzugehen. Die vollständige Transparenz finanzieller, technischer und strategischer Ziele ist notwendig, um Vertrauen und Offenheit herzustellen. Dies ist nur möglich mit der Reduzierung von Komplexität der Lieferkette durch wenige und wenn möglich lokale Lieferanten mit langfristigen Lieferbeziehungen, so wie die Weiterverpflichtung der eigenen ethischen Anforderungen an die Geschäftspartner. Im Folgenden einige weitere Ziele der Beschaffung:

 Beidseitige Übernahme von Verantwortung über den gesamten Produktlebenszyklus durch Partnerschaften mit langfristigen und fairen Lieferantenverträgen

 100% Vorfinanzierung von Entwicklungsleistungen der Lieferanten

 Zeitnaher Ausgleich von finanziellen Vorleistungen oder Beteiligungen

 Vereinbarung gemeinsamer Gewinnmargen

Als weiteres Nachhaltigkeitsziel im Finanzmanagement ist die Anlage von finanziellen Überschüssen in gemeinwohlorientierten Projekten durch Banken, die ausschließlich nachhaltige ökologische-, soziale Projekte finanzieren und nach der Definition der internationalen „Triple Bottom Line“ der Nachhaltigkeit arbeiten. Des Weiteren ist die Unabhängigkeit von Banken ein weiteres Ziel des ethischen Finanzmanagements, damit freier entschieden werden kann Nachhaltigkeitsziele umzusetzen.

Es gibt Beispiele in der Automobilwelt von Unternehmen, die seit Jahrzehnten Unternehmensethik verinnerlicht haben und danach erfolgreich handeln. Helmut Becker hat in seinem Buch „Phänomen Toyota“ anhand des japanischen Automobilherstellers detailliert aufgezeigt, wie durch eine tief verwurzelte und gelebte Unternehmensethik, gepaart mit klugen langfristen ökonomischen Entscheidungen und Strategien, sich der dauerhafte wirtschaftliche Erfolg einstellen kann. Die ethischen Erfolgsfaktoren des Beschaffungs- und Finanzmanagements zeichnet sich bei TOYOTA durch bestimmte Charakteristika aus, die Becker für wesentlichen hält.

 Integration der Lieferanten in die TOYOTA Familie (mit langfristigen Verträgen)

 Auf die eigene Kraft vertrauen (Unabhängigkeit von Banken)

 Langfristige Zielorientierung und klare Planungssystematik

ZIEL 3: ANWENDUNG UND WEITERENTWICKLUNG DER STANDARDS

Die Anwendung strenger existierender Standards im eigenen Unternehmen und die Beschränkung auf die Zusammenarbeit mit Lieferanten, die gleiche Anforderungen erfüllen sowie die Teilnahme an der Weiterentwicklung von Standards, sollten als Nachhaltigkeitsziele angestrebt werden. Als langfristiges ökologisches Nachhaltigkeitsziel wären in diesem Zusammenhang das „Cradle to Cradle“ Konzept zu nennen. Ein intelligentes ökologisches Design von Produkten und Produktionsprozessen, die wirtschaftlich Werte schaffen und den Wohlstand fördern. Ein Konzept, das auf vollständig geschlossene technische, biologische Kreisläufe setzt. Als soziales Nachhaltigkeitsziel wäre, die Unternehmens Zertifizierung nach dem internationalen SA8000 Standard, der in der Automobilwelt bislang noch keine Anwendung findet, siehe auch Kapitel 2.4.2., anzustreben. Alle Lieferanten sollten ebenso nach diesen Standards zertifiziert sein oder müssen diese zumindest als Nachhaltigkeitsziel definiert haben. Beispiele für Unternehmen, die nach SA8000 oder „Cradle to Cradle“ zertifiziert sind, lassen sich nur in anderen Branchen als der Automobilindustrie finden. In welche Richtung die zukünftigen Ansprüche der Konsumenten und damit auch der Standardisierung geht, ist am Kernthema „regionale Einbindung und Entwicklung des Umfeldes“ der neuen ISO26000 abzulesen. Die Handlungsfelder „Zugang zu Technologien“ (Patenten) und „Investitionen zugunsten des Gemeinwohls“ sind neu und bislang mit keiner Norm abgedeckt. Die aus ökologischer Sicht positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre, wie die erfolgreiche Umweltnorm ISO14001, werden sich im sozialen Bereich mit dem Ziel der Gemeinwohlorientierung, ähnlich entwickeln.

ZIEL 4: ERSCHLIESSUNG NACHHALTIGER GESCHÄFTSFELDER

Die Automobilindustrie steckt auf dem langen Weg zur echten ökologischen- und sozialen Nachhaltigkeit in den Kinderschuhen. Die Automobilhersteller und die Zulieferunternehmen sind trotz vieler positiver Entwicklungen eine nicht nachhaltige Industrie. Die Produktion verschlingt große Mengen an Energie, endlichen Rohstoffen und die Lieferantenkommunikation ist nicht in der Lage vollständige Transparenz in Herkunft und den Umständen der Produktion von Zulieferteilen zu bringen. Der Betrieb von Fahrzeugen ist nicht umweltfreundlich und vergrößert den virtuellen Schuldenberg externalisierter Kosten. Die Verantwortung zum Abbau dieser Schulden werden auf die folgende Generationen verlagert. Aufgrund endlicher Ressourcen werden in Zukunft nachhaltige Produkte und Dienstleistungen für die Automobilindustrie überlebenswichtig sein. Als Nachhaltigkeitsziel ist daher ein Strategiewechsel hin zu nachhaltigen Produkten oder Dienstleistungen unabdingbar, welche dann weit weniger anfällig für Systemirritationen sein werden. Gute Beispiele sind neue Mobilitätskonzepte wie „Car2Go“ von Daimler oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder der regenerativen Energien, wie es der Volkswagen Konzern zurzeit vorbereitet.

ZIEL 5: GEMEINWOHLORIENTIERUNG

Auch wenn es für eine Gesellschaft nicht leicht ist Geschehenes rational zu reflektieren und schnell daraus zu lernen, zeigen die Systemirritationen der Wirtschaftskrisen der vergangenen Jahre, dem Klimawandel und der andauernden Verschuldungskrise Europas erste Wirkungen. Es entstehen immer mehr Gegenbewegungen, die eine Chance sehen die emotionale Betroffenheit der Menschen zu nutzen, gemeinsam neue Ideen einer ökologisch- und sozialen Ökonomie zu entwickeln und umzusetzen. Eine Bewegung sind die Ideen der Gemeinwohl-Ökonomie um den Autor Christian Felber. Innerhalb kurzer Zeit haben sich viele Unternehmen und Privatpersonen den Ideen angeschlossen. Das Ziel der Gemeinwohl-Ökonomie ist es, Unternehmen davon zu überzeugen, dass die Gemeinwohlorientierung eines Unternehmens nicht der Wirtschaftlichkeit im Wege steht, sondern im Gegenteil, eine langfristige Strategie ist, Risiken durch zunehmend eintretende Systemirritationen, zu minimieren. Im Mittelpunkt der Idee steht die Verlagerung der Motivation herkömmlicher, finanzieller Gewinnmaximierung hin zur größtmöglichen Steigerung des Gemeinwohls durch das Unternehmen. Ziel ist es auf demokratischen Weg, rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die gemeinwohlorientierte Unternehmen stärken und weniger gemeinwohlorientierte Unternehmen benachteiligen. Diese Vorteile würden es möglich machen die höheren Kosten gemeinwohlorientierter Unternehmen zu decken.

Anreizinstrumente um Gemeinwohlleistungen zu belohnen könnten beispielsweise sein:

Günstigere Kredite bei Banken

Niedrigerer Mehrwertsteuersatz

Forschungskooperationen mit Universitäten

Vorrang beim öffentlichen Einkauf und der Auftragsvergabe

Niedrigerer Zolltarif

Direkte Förderungen

In der Gemeinwohl-Ökonomie würden nur noch „Gleiche“ gleichbehandelt, aber Ungleiche ungleich: Höhere Leistungen werden belohnt. Die Folge wäre, dass ethische, fair erzeugte und gehandelte, nachhaltige und regionale Produkte billiger würden als unethische, unfair erzeugte und gehandelte und kurzlebige Wegwerfartikel“.

Die Bewegung Gemeinwohl-Ökonomie hat zur Messung von Gemeinwohl eine Gemeinwohlmatrix erstellt. Nach dieser Matrix kann ein Unternehmen eine öffentliche Gemeinwohlbilanz erstellen und danach von außen beurteilt werden. Ziel eines Unternehmens ist es, die maximale Anzahl von Gemeinwohlpunkten zu erreichen. Möglich sind auch negativ Punkte beispielsweise bei der Verletzung ethischer Grundsätze, massiver Umweltbelastungen, menschenunwürdigen Produkten, ungleich Bezahlung von Frauen und Männern u.v.m. Die Gemeinwohlmatrix wird kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert.

Die Gemeinwohlmatrix umfasst auf der horizontalen Ebene die Werte: Menschenwürde, Solidarität, Ökologische Nachhaltigkeit, Soziale Gerechtigkeit und Demokratische Mitbestimmung & Transparenz. Vertikal sind die Anspruchsgruppen oder Stakeholder aufgeführt: Zulieferer, Kapitalgeber, Mitarbeiter & Eigentümer, Kunden/Produkte/Dienstleistungen/Mitunternehmen und das Gesellschaftliche Umfeld. Wie zu erkennen ist, bildet die Gemeinwohlmatrix alle in dieser Arbeit schon diskutierten Werte und Anspruchsgruppen ab. Inhaltlich bietet die Matrix zu jeden Kreuzungspunkt eine Beurteilung, die es ermöglicht eine definierte maximale Gemeinwohlpunkteanzahl zu erreichen. Zur genaueren Erstellung der Gemeinwohlbilanz wird durch die „Gemeinwohl-Ökonomie“ Initiative kostenlos eine hinreichende Dokumentation angeboten.

Neben der Gemeinwohl-Bilanz bleibt die übliche Finanzbilanz bestehen, tritt aber als Nebenbilanz in den Hintergrund. Weiterhin ist es möglich Überschüsse zu erwirtschaften und es ist auch weiterhin zwingend ein gemeinwohlorientiertes Unternehmen entsprechend der ökonomischen Parameter zu steuern. Ohne Wirtschaftlichkeit zu erzielen, kann auch keine ökosoziale Wertschöpfung, also die eine Steigerung des Gemeinwohls erreicht werden. Es gibt nur andere Regeln, wie beispielweise mit den Gewinnen umgegangen werden muss. Überschüsse können als Investitionen, Rücklagen für Verluste, Aufstockung des Eigenkapitals, Ausschüttung an die Mitarbeiter und Darlehen an Mitunternehmer verwendet werden, aber wiederum nur unter bestimmten Voraussetzungen. Es sind nur Investitionen erlaubt, die einen „sozialen und ökologischen Mehrwert“ erzeugen. Dazu muss für eine größere Investition eine „Gemeinwohl-Kalkulation“ erstellt werden.

Die Gemeinwohlorientierung und die Erstellung einer Gemeinwohlbilanz für Unternehmen bildet eine hervorragende Grundlage, vielen, in dieser Arbeit vorgeschlagenen Zielen näher zu kommen. Durch den Einfluss der Lieferanten auf die eigene Gemeinwohl-Bilanz werden Lieferanten entsprechend gewählt oder entwickelt. Das Streben nach einer hohen Anzahl von Gemeinwohlpunkten führt automatisch zum Ziel einer erfolgreichen Nachhaltigkeitskommunikation sowie zur Minimierung ökonomischer Risiken durch Systemirritationen.